Inklusion bei Kindern mit Downsyndrom (inklusive Beschulung)

Mit der UN-Behindertenrechtskonvention ist rechtlich der Besuch einer Regelschule für Kinder und Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf möglich. Über die Internetseite des Kultusministeriums erhält man Auskunft über die Vielfalt der schulischen Angebote und die Möglichkeiten  inklusiver Bildung in Bayern (auch über den Suchbegriff „Ringbuch Inklusion“ erreichbar).

Jedoch lässt sich nach dieser Lektüre nicht unbedingt die Frage der Eltern beantworten, auf welchem Weg die individuellen Fähigkeiten und Potenziale des eigenen Kindes geeignet gefördert werden. Mit dem folgenden Erfahrungsbericht wird der Beginn der Schullaufbahn eines Mädchens mit Down-Syndrom in der Regelschule (derzeit 3. Klasse) erzählt, um einen der möglichen Wege aufzuzeigen. Er ist nicht als generelle Empfehlung gemeint, denn ausschlaggebend sind allein die individuellen Bedürfnisse des Kindes. Wenn das Kind dem Klassenlernstoff nicht folgen kann und die überwiegende Zeit im Nebenraum verbringt, ist das sicherlich nicht im Sinne der Inklusion.

Da ich mir als Mutter keine objektive, emotionslose Einschätzung über den Entwicklungsstand meines Kindes hinsichtlich der Eignung für Inklusion zuerkannt hatte, war ich sehr dankbar über die Beratungsmöglichkeiten durch

Außerdem folgte der Test durch 3 Lehrkräfte bei der formalen Schuleinschreibung. Dass die Rückstellung um 1 Jahr sinnvoll war, stand aufgrund der Entwicklungsverzögerung aus ärztlicher, pädagogischer und Eltern-Sicht nie zur Debatte. An der Sprengel-Grundschule bestand seitens der Schulleitung und der betroffenen Lehrkraft die Bereitschaft erstmalig Inklusion mit Schulbegleitung zu versuchen.

Im Vorfeld fanden Gespräche zwischen Schule, Kindergarten (Einzelintegration mit stundenweise Begleitung durch eine Heilpädagogin), Inklusionsberatungsstelle am Schulamt, OBA (Planung Schulbegleitung) statt. Außerdem wurden an Elternabenden sowohl die Eltern aller Schulanfänger über das Vorhaben der Inklusion informiert als auch im zweiten Termin den Eltern der betroffenen Klasse die Schulbegleiterinnen vorgestellt und die Möglichkeit für Fragen an die 3 Experten des Schulamtes geboten. Diese breite Kommunikation hat sich als zwingend notwendig erwiesen, um Zweifel und Ängste der Eltern zu mildern, die eine Vernachlässigung ihres Kindes im Schulalltag befürchteten. Diese Vermutungen haben sich nicht bestätigt! Ganz im Gegenteil hat sich herausgestellt, dass alle Kinder durch die Anwesenheit der Schulbegleitung profitieren und das Sozialverhalten im Klassenverbund positiv beeinflusst wird.

Die Beratung der Lehrkraft bei konkreten Fragen zur Vermittlung der Lerninhalte erfolgt durch den Mobilen Sonderpädagogischen Dienst (MSD), der einmal pro Woche für 1-2 Schulstunden in die Regelschule kommt. In dieser Zeit wird das Inklusionskind im allgemeinen Unterrichtsgeschehen beobachtet, ggf. in Einzelunterricht zu einem bestimmten Thema mit Hilfe des Materials zur sonderpädagogischen Förderung unterrichtet und die Schulbegleitung angeleitet. Desweiteren erstellt der MSD regelmäßig einen Förderbericht und legt die individuellen Förderschwerpunkte für einen gewissen Zeitraum fest. Das kann beispielsweise die Verkleinerung des Zahlenraums oder unabhängig von den fachlichen Lerninhalten auch die Weiterentwicklung der Selbständigkeit im Schulalltag sein. Zusätzlich leitet der MSD die regelmäßigen Gesprächsrunden zwischen Lehrkraft, Schulleitung, Schulbegleitern, Eltern (bei uns ca. drei- bis viermal im Jahr). Dadurch wird die Entwicklung des Kindes sowohl im schulischen als auch im außerschulischen Umfeld berücksichtigt. Unsere Tochter orientiert sich an den Mitschülern, profitiert enorm durch dieses Abschauen und wird dadurch angespornt. Aber nicht jedes Kind reagiert auf diese Weise, eine Blockade durch Frust und Überforderung wäre nicht zum Wohle des Kindes.

Als eine förderliche Atmosphäre für unsere Tochter hat sich herausgestellt, wenn es keine konkrete Vorstellung über die Leistungsfähigkeit eines Kindes mit Down-Syndrom seitens der Lehrkräfte gibt. Jedes Kind ist anders. Wird der Stoff zunächst vorbehaltlos präsentiert, ergibt sich in enger Zusammenarbeit von Lehrkraft, Schulbegleitern und Eltern ein Weg für den Zugang zum Thema und dann kann bei Bedarf gezielt differenziert werden. Diese Vorgehensweise ist in unserem individuellen Fall die richtige. Verbunden mit sehr viel Fleiß des Kindes und auch Ausdauer, Geduld, Zeitaufwand, Einfallsreichtum beim Üben jeden Nachmittag zuhause hat unsere Tochter ungeahnte Fähigkeiten erreicht. Hier ist anzumerken, dass der Lernstoff nicht allein in der Schule vermittelt werden kann. Alles Erlernte ist vor allem zuhause hart erarbeitet! Dadurch wird gleichzeitig vermieden, dass der Anschluss zum Klassenlernstoff verloren geht und Frust aufkommt. Dazu kommt, dass unserer Tochter die freiwillige Wiederholung der 2. Klasse sowohl inhaltlich für die Festigung der Grundlagen als auch persönlich aufgrund ihrer Entwicklungsverzögerung sehr gutgetan hat. Im Moment besucht sie die 3. Klasse, ist ohne Einschränkung in der Klassengemeinschaft integriert, geht jeden Tag mit Freude in die Schule und hat auch im veränderten Klassenverbund neue Freundinnen gefunden.

Bei der Einschulung haben wir im Einvernehmen mit allen Beteiligten vereinbart, jedes Jahr neu zu überlegen, ob die Bedingungen an der Regelschule für unsere Tochter noch die geeigneten und förderlich für ihre individuelle Entwicklung sind. So wollen wir es beibehalten und sind gespannt auf den weiteren Weg.